Welche Zufälle es auch immer waren, die Schweiz ist in diesem Jahr unser Flugparadies.

Und weil zum Fliegen mit dem Gleitschirm bei uns das Wandern zum festen Bestandteil des Fliegens geworden ist, wollten wir auch dort beide Fortbewegungsarten verknüpfen, um das Erleben dieser Naturlandschaften mit Leib und Seele zu genießen.

Wir starten vom Simmental aus im Berner Oberland. Der Tag beginnt klar und sonnig. Unsere Wetterprognose sagt uns einen fliegbaren aber wegen deutlichem Nord-West Wind in der Höhe keinen besonders guten Streckenflugtag voraus.

Also los, die Schuhe geschnürt, die Gleitschirme klein verpackt starten wir bestgelaunt bei den Simmenfällen am Ende des Simmentals unterhalb des mächtigen Wildstrubel. Der Wanderweg, breit und mit gelber Raute gekennzeichnet, führt uns immer wieder nah an den Wasserfällen vorbei und wir lassen uns die erfrischende Abkühlung nicht entgehen, die das tosende Wasser immer wieder bietet. Schnell erreichen wir die Rezliberghütte, außer uns scheint niemand hier zu sein, wir trinken noch eine Rivella und packen ein Stück vom Wirt angebotenen Alpkäs für später ein. Nun noch ein kurzer Abstecher zu den “siebi Brünni”. Hier fließt, nein es es sprudelt, tost und tobt versickertes Schmelzwasser vom Retzligletscher aus der imposanten Kalksteinwand aus sieben Quellen gleichzeitig und bildet somit den Ursprung der Simme, die dem Tal seinen Namen gibt. Was für ein Ort! Der Weg ist das Ziel - kaum sonstwo trifft dieses Mantra so zu wie hier und jetzt.

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Aber wir wollen ja weiter. Zunächst über ein paar in Blütenbracht stehende Magerwiesen Richtung Felswand, wir pflücken noch ein paar Waldbeeren bevor wir den nun als Bergwanderweg ausgezeichnete Pfad Richtung Flueseeli einschlagen. (In der Schweiz wird zwischen Wanderwegen, markiert mit einer gelben Raute, und Bergwanderwegen, weiß rot weiß markiert, sowie Alpinwanderwegen, weiß blau weiß markiert, unterschieden.)

Der Weg wird schmal und steinig, teilweise laufen wir unmittelbar an der Felswand aber der schmale Steig ist mit Drahtseilen gesichert. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind geboten. Schafe kreuzen unseren Weg und bald kommen wir an unseren ganz persönlichen Schwierigkeitspunkt der Tour: Wir entdecken Gleitschirme hoch über dem Wildhorn! Ein kurzes Zucken: hätten wir besser nur fliegen gehen sollen? Spontan fällt uns Scrat ein, das berühmte Säbelzahn-Eichhörnchen aus IceAge, auf der ewigen Jagd nach der Nuss und genau so fühlen wir uns gerade! Also lachend über uns selbst weiterlaufen.

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Das Ziel ist fast zu schnell erreicht, der Flueseeli liegt vor uns und die Farbkombination aus türkisblauem Seewasser, grüner Wiese, schroffer grauer Kalksteinwand, blauem Himmel und das Geräusch von fließendem Wasser überall berauscht uns und schafft gleichzeitig Ruhe, um unseren Alpkäs samt Brot und frischem Wasser und den Blick zu genießen und den Puls zu senken, bevor wir uns einen geeigneten Starplatz suchen. Natürlich beobachten wir alle drei aufmerksam den Wind.Wir sind zunächst irritiert als uns am See deutlich der Rückenwind entgegen weht, aber wir finden ein Stück Wiese vor dem See, an dem der Wind wie vermutet ganz leicht nur aber spürbar von unten aus dem Tal kommt.

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Hier starten wir nacheinander raus, der Anlauf ist kurz bevor wir über der Klippe abheben, eine gute Startechnik ist unbedingt notwendig aber mit unseren leichten Schirmen ist das gut handelbar. Draußen nimmt uns der Talwind sofort in Empfang und trägt uns zunächst ganz sanft immer höher, wir schauen hinunter auf den Wasserfall über dem wir rausgestartet sind auf das Flueseeli, das wir zu Fuß erreicht haben und dann immer höher kommend verschlägt es mir den Atem: einmal Eintauchen in die Gletscherbergwelt des Berner Oberlands, der Plaine Morte, der größte Plateaugletscher Europas zwischen Wildstrubel(3244m) und Weishorn (2948m) wird sichtbar. Wasser und nochmal Wasser, fließend, rauschend und berauschend, der Rezligletscherseeli, der entstanden ist, weil der Gletscher sich zurückzieht zwischen Fels und noch mehr Fels, Naturgewalt und Naturschönheit im Blick fliegen wir zurück ins grüne breite Simmental. Am Abend beim Feuer sind wir uns einig, heute haben wir fünf Nüsslein “gefangen” und stoßen kichernd und in Gedanken an den wunderbaren Tag und Scrat grüßend miteinander an. Santé!

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